Die Grundlagen
DAW-Programme (Digital Audio Workstation) haben sehr spezifische Anforderungen, die sich von den Bedürfnissen anderer Anwendungen deutlich unterscheiden. Ein System, das hervorragend mit Spielen oder Video-Rendering zurechtkommt, mag für Echtzeit-Audioanwendungen nicht geeignet sein. Hier findest du einige Vorschläge, die dir bei der Optimierung und Konfiguration deines DAW-Systems helfen können.
Betriebssystem
Windows 10/11 64-Bit ist die empfohlene Plattform! Dennoch trifft ein Großteil des Artikels auch auf Windows 7 und Windows 8 zu.
Das Betriebssystem sollte regelmäßig aktualisiert werden. Wenn die Windows 10 Update-Funktion kein Ergebnis zu einem bereits veröffentlichten großen Update anzeigt, hilft diese Seite eventuell weiter.
Was ist mit meinem alten Windows 7 oder Windows 8 und der alten Hardware?
Viele betagte Systeme können zumindest auf Windows 10 aktualisiert werden. Man sollte aber beachten, dass einige scheinbar kompatible Systeme wegen veralteter Hardware nicht für eine DAW geeignet sind. Details dazu findest du in diesem Artikel.
Komponenten
Stelle sicher, dass alle Geräte-Treiber auf dem aktuellen Stand sind und nutze die jeweils aktuelle Firmware.
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Grafikkarte/Grafikprozessor (Graphics Processing Unit, GPU)
Nutze stets den offiziellen aktuellen Treiber, aber installiere möglichst keine der weiteren Softwarekomponenten, die das Treiber-Installationsprogramm anbietet. PhysX, GeForce Experience, AMD Einstellungen (früher Catalyst Control Center) etc. enthalten hauptsächlich Funktionen für Spiele, die auf einer DAW nicht benötigt werden. Sie verbrauchen unnötig CPU-Ressourcen und wirken sich negativ auf die Priorisierung der Echtzeit-Audio-Prozesse aus. -
Audio-Interface
Nutze stets den offiziellen und aktuellen Treiber. Wenn du externe Audio-Interfaces verwendest, stelle sicher, dass auch für die jeweilige Schnittstelle (USB, Firewire, Thunderbolt) der aktuelle Treiber installiert ist. Mehr zu Audio-Interfaces weiter unten. - Aktualisiere das UEFI BIOS. Dadurch wird oft nicht nur die Stabilität, sondern auch die Sicherheit und die Kompatibilität verbessert. Die Dokumentation des Herstellers bietet weitere Informationen dazu.
- Vermeide die Verwendung von spezieller Maus- oder Tastatursoftware und deren Treibern. Die Standardtreiber von Windows sind normalerweise ausreichend.
Windows optimieren
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Energieoptionen
Jede Energiesparoption sollte zugunsten einer konstanten Leistung deaktiviert werden. Öffne die Systemsteuerung ▸ Energieoptionen ▸ Energiesparplan erstellen ▸ Höchstleistung und setze den Energiesparmodus auf ‘Niemals’.
Wenn der Plan eingerichtet ist, gehe zu Energiesparplaneinstellungen ändern ▸ Erweiterte Energieeinstellungen ändern ▸ USB-Einstellungen und deaktiviere dort die ‘Einstellung für selektives USB-Energiesparen’. - Deinstalliere ungenutzte Anwendungen und Plug-ins.
- Entferne oder deaktiviere ungenutzte Komponenten (WLAN, Webcams, Drucker etc.).
- Reduziere Hintergrundanwendungen so weit wie möglich. Das beinhaltet auch die Clients von Cloud-Lösungen wie Dropbox, OneDrive, Google Drive, iCloud, etc. Die automatische Synchronisation mit der Cloud kann das System stark belasten. Auch wenn es keine signifikanten Leistungsprobleme gibt, sollten Cloud-Dienste zumindest während der Aufnahme deaktiviert werden.
- Intel Rapid Storage Technologie (RST) - Langzeit-Aufnahmetests haben auf einigen Systemen zu Aussetzern alle paar Stunden geführt, wenn die 'Link Power Management'-Option in der RST-Steuerung ▸ Leistung aktiviert ist. Wenn ähnliche Probleme auftreten, und RST verwendet wird, sollte diese Einstellung auf 'Deaktivert' gesetzt werden.
- Versuche bei Problemen einen ‘sauberen Neustart’ ohne die zusätzlichen Services und Autostart-Programme. Dies wird hier beschrieben.
Cubase/Nuendo optimieren
Unter Studio ▸ Studio-Einstellungen ▸ VST-Audiosystem ▸ Erweiterte Optionen gibt es einige Einstellungen, mit denen man experimentieren kann.
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Bearbeitungsgenauigkeit
Eine Bearbeitungsgenauigkeit von 64-bit float kann die CPU-Last und den Speicherbedarf erhöhen. -
Multi-Processing aktivieren
Normalerweise sollte diese Einstellung aktiviert sein. Sollten aber Probleme mit der Leistung auftreten, kann ein Test mit deaktiviertem Multi-Processing aufschlussreich sein. -
ASIO-Guard aktivieren
Wie bereits erwähnt, führt Cubase/Nuendo viele Echtzeitberechnungen durch.
Durch ASIO-Guard wird so viel Bearbeitungsleistung wie möglich vom ASIO-Echtzeitpfad auf den ASIO-Guard-Bearbeitungspfad verlagert. Dies führt zu einem stabileren System.
Abhängig vom System, dem Projekt und den verwendeten Plug-ins, kann es sinnvoll sein, ASIO-Guard zu deaktivieren oder eine andere Stufe auszuwählen.
Den Computer optimieren
Moderne Systeme mit einem aktuellen Windows 10/11 kommen normalerweise ohne Änderungen aus. Sind allerdings bestimmte Treiber nicht optimiert und kommt es z. B. zu Audio-Aussetzern, sollte man das genauer betrachten. Beachte, dass die folgenden Einstellungen nicht auf allen Systemen und nur selten auf Laptops verfügbar sind.
- Deaktiviere Hyper-Threading (Intel)/Simultaneous Multi-Threading (AMD) im UEFI BIOS, wenn die CPU dies unterstützt und das BIOS eine Änderung zulässt.
- Deaktiviere die erweiterten Energiespar- und dynamischen Leistungsoptionen der CPU. Die werden in der Regel im UEFI BIOS Setup geändert. Dazu gehören Enhanced Intel SpeedStep (EIST), AMD Cool 'n' Quiet, Intel Turbo Boost und AMD Turbo CORE.
- Deaktiviere die C-States im UEFI BIOS, falls es diese Option bietet. Die C-States erlauben es der CPU in den Schlafmodus zu wechseln, wenn sie kurzfristig nicht benötigt wird. Dies kann jedoch zu Aussetzern bei Audio-Echtzeitanwendungen führen. Diese Option taucht z. B. als "Disable CPU Idle State for Power Saving" auf.
Das Audio-Interface optimieren
Wenn das System mit einem Onboard-Soundchip ausgestattet ist, solltest du diesen möglichst als Standardausgabegerät in Windows konfigurieren (Systemsteuerung ▸ Sounds und Audiogeräte), sodass z. B. Windows Systemsounds über den Onboard-Sound ausgegeben werden und nicht das Audio-Signal deines Audio-Interfaces beeinflussen. Die ausschließliche Verwendung von Onboard-Soundkarten für die Arbeit mit unserer Software ist nicht empfehlenswert, da aufgrund fehlender ASIO-Treiber unter Umständen sehr hohe Latenzen in Kauf genommen werden müssen. Darüber hinaus haben einfache Onboard-Soundchips häufig eine niedrigere Klangqualität (hoher Rauschpegel, nichtlinearer Frequenzgang, Einstreuungen) und verfügen nur über minderwertige DA/AD-Wandler.
Einstellung von Latenz und Puffer (Buffer)
Wenn Aussetzer, Knacken oder andere Störungen bei der Wiedergabe auftreten, überprüfe die "Audio Performance" (Studio-Menü). Sie zeigt an, wie viele System-Ressourcen für die Berechnung des Audio-Signals und für die rechtzeitige Weiterleitung an den Audio-Treiber noch zur Verfügung stehen. Bei niedrigen Latenzen bzw. kleinen Puffergrößen kann es sein, dass die Zeit für eine korrekte Signalverarbeitung nicht ausreicht. Die Einstellung von Latenz bzw. Audio-Puffer sollte daher der System-Leistung und der Belastung durch geladene Projekte angepasst werden. Wie sich die Latenz ändern lässt, erfährst du im Handbuch des Audio-Interfaces.
Oftmals sind nach einer Aktualisierung eines Audio-Treibers niedrigere Latenzen möglich als zuvor. Überprüfe also, ob ein Update für das Audio-Interface erhältlich ist.
Erweiterte Problemlösung
Noch da? Super! Es folgen weitere Dinge, die man berücksichtigen sollte und zusätzliche Tipps aus der Support-Abteilung.
Analyse-Tools
Mit Analyse-Software kann man die allgemeine Echtzeit-Leistung des Systems sehr gut testen und überwachen. Die freien Tools DPC Latency Checker (nur Windows 7) und LatencyMon unterstützen die Suche nach Fehlerquellen. WhySoSlow kann bei der Suche nach Flaschenhälsen helfen.
USB 2.0 vs USB 3.x
Auch wenn USB 3.x abwärtskompatibel ist und USB 2.0 Komponenten an einem USB 3.x Port laufen sollten, kann darunter die Stabilität und die Leistung leiden. Vorzugsweise sollte ein USB 2.0 Gerät an einem USB 2.0 Port angeschlossen werden. Wenn keiner vorhanden sind, erlauben es einige UEFI BIOS, die USB 3.x Ports auf USB 2.0 Betrieb umzuschalten.
Es gibt aber auch Einzelfälle, in denen diverse MIDI- und Audio-Probleme (Timing, Aussetzer) auf AMD-Systemen auftraten, wenn Audio-Interfaces an einem USB 2.0 Port angeschlossen waren. Der Wechsel auf einen der USB 3.0 Ports behob das Problem.
Man sollte beachten, dass dies sehr abhängig vom Audio-Interface, den Treibern und dem Mainboard ist.
USB Ports vs. USB Hubs
Normalerweise ist es am besten, wenn das Audio-Interface direkt an den Computer angeschlossen wird.
Allerdings können auftretende Problem durch die Verwendung eines USB-Hubs behoben werden. Aktive Hubs mit eigener Stromversorgung sind dabei meist die beste Wahl. Es gibt auch spezielle USB-Hubs, die für die Verwendung mit Audio-Interface konzipiert wurden.
Plug-ins
Brauchst du wirklich alle Plug-ins? Versuche, das Setup auf die Plug-ins zu reduzieren, die du wirklich verwendest. Plug-ins verursachen häufig Leistungsprobleme und Instabilitäten.
Wir empfehlen, ausschließlich VST 3 und 64-Bit Plug-ins zu verwenden. Nutze keine VST Bridge wie z. B. JBridge, wenn dir Stabilität und Leistung wichtig sind!
Anwendungen von Drittherstellern
Versuche, zusätzliche Installationen so weit wie möglich zu vermeiden. Installiere nur das, was wirklich wichtig ist, um mit der DAW zu arbeiten. Virus-Scanner (der Windows Defender ist ausreichend), Tweak-Utilities, Druckersoftware, Streaming-Clients oder Management-Tools (z. B. Asus AI Suite) etc. sollten möglichst nicht installiert sein oder gar permanent im Hintergrund laufen.
Es ist ratsam, diese Programme zu deaktivieren und den Windows Autostart auszudünnen. Auch hier bietet sich wieder der saubere Neustart an.
Einstellungen der Grafikkarte
Treibereinstellungen hängen selbstverständlich vom Hersteller, dem Modell und der Treiberversion ab. Generell lässt sich aber sagen, dass Optionen, die die Grafik-/Spiele-Performance steigern, Echtzeit-Audio-Bearbeitungsprozesse potenziell stören können. Probiere aus, ob das Ausschalten von High/Ultra Performance-Modi, Overclocking, hochauflösenden Texturen und Polygon-/Schatten-Berechnungen das Problem beheben kann. Dies kann nach einigem Ausprobieren mehrere Neustarts erfordern.
Einige Grafikkarten wie z.B. die NVIDIA Quadro Serie bietet zudem unterschiedliche Profile für die Arbeit an. In einigen Fällen kann das voreingestellte Profil zu Leistungseinbußen führen. NVIDIA selbst empfiehlt dann das Profil "Workstation App – dynamic streaming" zu nutzen. Diese Option findet sich in den NVIDIA 3D-Einstellungen unter "3D-Einstellungen verwalten".
Wenn eine "multi-threaded rendering" Option verfügbar ist, sollte sie auch deaktiviert werden.
Weitere Informationen finden sich hier.
Mainboards
Wir haben Berichte zu schlechter Leistung selbst auf High-End-Systemen wie einem Intel Core i9 erhalten. In diesen Fällen stellte sich heraus, dass das Mainboard mit einer bestimmten UEFI BIOS Version Probleme mit der Speicher-Performance hatte. Der Hersteller empfahl, auf eine frühere BIOS Version zurückzugehen, um das Problem zu beheben. Wie bereits geschrieben, sind BIOS Updates wichtig. In Einzelfällen kann ein Update aber auch negative Auswirkungen haben. Dann kann es sinnvoll sein, sich die Version History genauer anzusehen oder in der Community nach entsprechenden Diskussionen zu suchen.
Weiteres Troubleshooting
Wenn Windows 10/11 als Upgrade installiert wurde, ist es einen Versuch wert, Windows komplett neu zu installieren.